Gemeinsame Erklärung der Kantonsratsfraktionen SP, GRÜNE, GLP und EVP

Gemeinsame Erklärung der Kantonsratsfraktionen SP, GRÜNE, GLP und EVP
Verlesen an der Kantonsratssitzung vom 25. Mai 2020

 

Prof. Maisano schönt Berichte, Prof. Rücker lässt sich systematisch Patienten in seine Privatpraxis überweisen, Prof. Fink wird wegen auffälliger Operationspläne suspendiert.

Drei Einzelfälle. – Einzelfälle? Nein! Schauen wir genau hin. Hinter den drei Fällen liegt System. Alle drei Professoren verletzten Standesregeln, wissenschaftliche Prinzipien und sogar Gesetze. Sie tun es, um direkt oder indirekt ihre Einkünfte zu maximieren, um über ihre Spitzenhonorare hinaus finanziell zu profitieren. Sie tun dies zu Lasten der Öffentlichkeit, der Krankenkasse, der Steuer- und Prämienzahlenden. Sie tun dies, weil sie offenbar darauf vertrauen, dass die interne Schweige-Kultur sie schützt und die politische Aufsicht zu schwach ist, um ihnen gefährlich zu werden.

Schlimmer noch. Hinter den drei Fällen steckt Systemversagen. Strukturelle Fehlanreize fördern unlautere Machenschaften und begünstigen offensichtlich auch wissenschaftliches Fehlverhalten.

Die Spitalleitung und die direkte politische Aufsicht, der Spitalrat und der Universitätsrat, die Gesundheitsdirektorin und die Bildungsdirektorin sind offensichtlich nicht in der Lage, den egoistischen Spitzenmedizinern ernsthaften Widerstand entgegenzusetzen. Versagt hat aber auch der Kantonsrat in seiner Aufgabe als Gesetzgeber: Das Spitalplanungs- und Finanzierungsgesetz mit seiner einseitig marktwirtschaftlichen Ausrichtung setzt Profitdenken klar über das Patientenwohl. Das Zusatzhonorargesetz, das zumindest den übelsten Missbräuchen einen Riegel geschoben hätte, wurde vor drei Jahren von der damaligen bürgerlichen Mehrheit unter Führung von SVP und FDP sang- und klanglos versenkt. Wie nehmen mit Befriedigung zur Kenntnis, dass SVP und FDP jetzt ebenfalls in den lauten Chor der Kritiker einstimmen und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit bei den notwendigen Gesetzesrevisionen.

Die einzigen, die in diesem Trauerspiel ihrer Aufgabe gewachsen waren, sind die Medien und die Finanzkontrolle, die immer wieder und mit Nachdruck ihren Finger auf die vielen wunden Stellen gelegt haben und legen. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung.

Angesichts des angerichteten Reputationsschadens in USZ und UZH erwarten wir,

  1. dass die Aufsichtsorgane, der Spitalrat und der Universitätsrat sowie die beiden zuständigen Direktionen das aufgedeckte Fehlverhalten gebührend ahnden und sanktionieren. Nur so kann der Reputationsschaden, den diese Fälle den beiden Leuchttürmen Universität und Universitätsspital zugefügt haben, einigermassen eingegrenzt werden; zudem drängt sich eine selbstkritische Überprüfung der Aufsichts-Mechanismen an beiden Institutionen auf;
  2. dass die ABG die aufgeflogenen Fälle mit höchster Priorität sichtet, analysiert und dem Kantonsrat Abhilfemassnahmen und den dringendsten gesetzgeberischen Handlungsbedarf aufzeigt. Sie ist dafür mit allen nötigen Ressourcen auszustatten; sie muss ihren Sitzungsrhythmus der hohen Dringlichkeit der Aufgabe anpassen;
  3. dass die KSSG – in Abstimmung mit den Erkenntnissen der ABG – die notwendigen gesetzlichen Anpassungen ausarbeitet, um solchen Auswüchsen einen Riegel zu schieben, und sofort eine Neuauflage des Zusatzhonorargesetzes in Angriff nimmt.

Die intransparente Vermischung von persönlichen kommerziellen Interessen auf der einen, Wissenschaft und universitärer Medizin auf der anderen Seite, die wir schon immer hart kritisiert haben, muss aufhören. Subito! Wir werden alles daransetzen, noch in dieser Legislatur Nägel mit Köpfen zu machen.