Übers Ziel hinausgeschossen: Matthias Gfeller vorzeitig die Führung von Stadtwerk zu entziehen war politisch überreagiert. Und: der grösste, bisher je in Winterthur geplante Quartierwärmeverbund mit erneuerbarer Energie steht nun auf der Kippe.

Der heute veröffentlichte Bericht der Administrativuntersuchung belastet neben den freigestellten Kadermitarbeitern von Stadwerk insbesondere auch Stadtrat Matthias Gfeller, indem er diesem Unterlassungen bezüglich der Kommunikation im Zusammenhang mit den Vorgängen rund um die Beteiligung an der „Wärme Frauenfeld AG“ vorwirft.

Wir bestreiten nicht, dass der stadtratsinterne Informationsfluss diesbezüglich ungenügend war, und dass im Zeitraum erste Hälfte 2015 eine umfassendere Information des Gesamtstadtrates über die finanzielle Lage der Wärme Frauenfeld AG angebracht gewesen wäre. Stadtrat Matthias Gfeller hat diesbezüglich mit seinem Rücktritt von gestern auch bereits gehandelt und seine politische Verantwortung wahrgenommen. Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings zweierlei. Erstens: Der Bericht empfiehlt gegenüber Matthias Gfeller lediglich eine Aussprache mit dem Gesamtstadtrat. Zweitens: Sehr viele der jetzt als fehlend monierten Informationen konnten zur gleichen Zeit (Anfang 2015) in öffentlichen Dokumenten der Stadt Frauenfeld wie auch in den Thurgauer-Medien nachgelesen werden.

Hätte der Stadtpräsident nicht auch selbst nachfragen sollen? Hätten nicht die Informationsdienste auf die Situation in Frauenfeld aufmerksam machen sollen? Klar scheint, dass es von der Stadt bezüglich der Beteiligung an der Wärme Frauenfeld AG kein funktionierendes Controlling oder eine Überwachung bezüglich der ursprünglichen, vertraglich eingegangenn Ziele gab. Wollte der Stadtpräsident mit der Sanktion gegen Matthias Gfeller davon ablenken? Der heute vorliegende Bericht zeigt in seinem Fazit auf, dass kritisches Nachfragen von Seiten Gesamtstadtrat durchaus angebracht gewesen wären.

Was aber mindestens so entscheidend ist und in der Administrativuntersuchung nur ganz am Rande ein Thema war, betrifft die im April ausgelöste Sistierung des für Winterthur wegweisenden Geschäfts für eine künftig erneuerbare Energieversorgung, den geplanten Wärmeverbund für das Quartier Neuwiesen. Dies wohl auch im Zusammenhang mit der von der SVP viel zu spät eingereichten Simmrechtsbeschwerde. Auch dieser Schritt war unangemessen und erweist sich im Nachhinein als Fehlentscheid. Es gab bezüglich dem Kredit für dieses Projekt zu keiner Zeit irgend einen sachlichen Zusammenhang mit den Vorgängen rund umd die Wärme Frauenfeld AG. Damit wurde aber nicht etwa irgend ein kleines Projekt verzögert bis behindert, es steht das grösste je in Winterthur geplante Quartierwärmeprojekt mit neuen erneuerbaren Energien und einem Finanzierungsvolumen von gegen 70Mio. auf der Kippe. Das spottet jedem Verhältnis gegenüber den relativ kleinen Beträgen, die von Stadtwerk auf zugegeben unkorrekte Weise für die Wärme Frauenfeld AG eingesetzt, bzw. zugesagt wurden. Weder dadurch, noch durch die fehlenden Informationen war aber zu irgend einer Zeit eine relevante Beeinträchtigung der finanziellen Integrität des Energiecontracting-Geschäfts, noch von Stadtwerk noch der Stadt Winterthur als Ganzes zu verzeichnen.

Die angeordneten Massnahmen gegenüber der Person von Matthias Gfeller sowie dem Projekt Wärmeverbund Neuwiesen stehen in krassem Missverhältnis zu den untergeordneten (finanziellen) Auswirkungen der Unterlassungen, die Stadtrat Gfeller angelastet werden.

Winterthur, 27. September 2016, Reto Diener, Präsident Grüne Winterthur