Nein zur Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit (STOPP Impfpflicht)»

  • Die Urheber*innen der Initiative wollen sicherstellen, dass jede Person in der Schweiz frei entscheiden kann, ob sie sich impfen lassen will oder nicht, ohne im Weigerungsfall soziale oder berufliche Nachteile erdulden zu müssen. Allerdings ist es bereits heute so, dass niemand gegen seinen Willen geimpft werden darf. 
  • Im Initiativtext wird der Begriff Impfung nicht ausdrücklich erwähnt. Der Text stellt nur die allgemeine Forderung, dass jeder staatliche Eingriff in die körperliche und geistige Unversehrtheit einer Person deren Zustimmung bedarf. Wenn also die Initiative angenommen werden würde, dürfte die Polizei beispielsweise keine Verdächtigen mehr gegen deren Willen verhaften. Den Behörden jegliche gesundheitspolizeiliche Handlungsmöglichkeit zu nehmen, wäre aber unverantwortlich. 

Die Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit (STOPP Impfpflicht)» wurde von der Freiheitlichen Bewegung Schweiz (FBS) während der Covid-19-Pandemie im Dezember 2020 lanciert und setzt sich angeblich für Eigenverantwortung, Wohlstand, Nachhaltigkeit und Freiheit ein. Der Initiativtext fordert die verfassungsrechtliche Verankerung des Grundrechts jedes einzelnen Menschen, jeglichen Eingriff in die eigene körperliche und geistige Unversehrtheit verweigern zu dürfen, ohne dafür soziale oder berufliche Nachteile hinnehmen zu müssen. Die Initiantinnen und Initianten haben es in erster Linie auf Impfungen, Mikrochips und andere digitale Informationsspeicher abgesehen, die im Körper eingepflanzt werden könnten.

Der Initiativtext indessen erwähnt die Impfung mit keinem Wort. Stattdessen fordert er ganz allgemein, dass jeglicher staatliche Eingriff in die körperliche und geistige Unversehrtheit der Zustimmung der betroffenen Person bedarf. Damit nimmt die Initiative vor allem das rechtmässige Gewaltmonopol des Staates ins Visier (Polizei, Strafverfolgung, Strafvollzug, Armee, Ausländer- und Asylwesen usw.).

Niemand darf in der Schweiz gegen seinen Willen dazu gezwungen werden, sich impfen zu lassen. So steht es in der Botschaft zuhanden des Parlaments, die der Bundesrat verabschiedet hat, der gegen die Initiative ist. Jede Impfung bedarf der Zustimmung der betroffenen Person. Das Epidemiengesetz sieht vor, dass die Kantone oder der Bundesrat eine Impfpflicht für bestimmte Personengruppen und während einer begrenzten Zeitspanne aussprechen dürfen, sofern eine ernsthafte Gefahr besteht und keine anderen Massnahmen den Schutz der Bevölkerung gewährleisten können. In diesem Fall kann die Impfverweigerung berufliche und gesellschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie beispielsweise die Verlegung von Gesundheitsfachpersonal in eine andere Krankenhausabteilung. Eine derartige Impfpflicht der Bundesbehörden gelangte bislang jedoch noch nie zur Anwendung. Ausserdem wurde das Epidemiengesetz 2013 in einer Volksabstimmung mit grosser Mehrheit angenommen.

Bereits heute keine Impfung ohne Zustimmung

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine rechtliche Grundlage für einen Impfzwang ohne ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Person. Einzig im Epidemiengesetz ist die Möglichkeit einer streng geregelten Impfpflicht vorgesehen, welche sich zudem auf Situationen beschränkt, die eine solche Massnahme zum Schutz der Gesamtbevölkerung erforderlich machen. Das von der Initiative verfolgte Ziel wird somit bereits gewährleistet.

Eine unverantwortliche Initiative 

Indem in der Verfassung jegliche Impfung ohne Zustimmung untersagt wird, verhindert die Initiative die Ergreifung von Massnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, welche in einer ausserordentlichen Gesundheitssituation wie einer Pandemie für den Schutz der Bevölkerung erforderlich wären, insbesondere im Hinblick auf Risikopersonen. Aus gesundheitspolitischer Sicht ist die Initiative folglich unverantwortlich.

Kein Blankoscheck für individuelle Freiheiten

Die Verfassung garantiert das Grundrecht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. Indessen ist dieses Grundrecht kein Blankoscheck für individuelle Freiheiten. Gestützt auf die Rechtsgrundlage darf der Staat diese Freiheit einschränken, insbesondere wenn individuelle Freiheiten die Grundrechte anderer Personen gefährden. Die Initiative stellt das Prinzip infrage, wonach die persönliche Freiheit eines Einzelnen dort aufhört, wo diejenige eines anderen bedroht ist.