Systematische Missstände bei der Sozialhilfe in Dübendorf
Fraktionserklärung der GRÜNEN
Fraktionserklärung der GRÜNEN
Seit einer Woche sind die Ergebnisse der Administrativuntersuchung zur Dübendorfer Sozialhilfe von Rechtsanwalt Tomas Poledna und die Empfehlungen der gemeinderätlichen Spezialkommission zur Begleitung dieser Untersuchung öffentlich. Wir GRÜNE begrüssen diese Transparenz.
Die festgestellten Missstände reichen von Datenschutzverletzungen, illegalem Einsatz von Sozialdetektiven und GPS-Trackern, Falschverbuchungen, unrechtmässigem Einkassieren von kantonalen Beiträgen über vernachlässigte Inspektionen der Asylunterkünfte, die Auslagerung der Kindesschutzfälle ohne gesetzliche Grundlage bis hin zur Irreführung der Stimmberechtigten im Zusammenhang mit der Abstimmung über den Austritt aus dem Zweckverband Soziale Dienste des Bezirks Usters.
Die Spezialkommission würdigt die Untersuchungsergebnisse wie folgt: „Nebst strukturellen Mängeln haben diverse Sicherungs- und Kontrollmechanismen nicht gegriffen und es ist zu erheblichem Führungsversagen auf verschiedenen Ebenen gekommen. (…) Die teilweise misstrauende Haltung gegenüber den Klientinnen und Klienten entspricht nicht dem, wie die Abteilung Soziales funktionieren und gegen aussen auftreten sollte.“
Der in den letzten fünf Jahren für Dübendorf tätige Ombudsmann Anton Frauenfelder, ehemaliger Gemeindeschreiber von Rümlang, äussert sich im „Tages-Anzeiger“ dahingehend, dass er – der in dieser Zeit von rund 180 Sozialhilfebeziehenden und Mitarbeitenden kontaktiert worden war – noch nie derart viele verzweifelte Menschen gesehen habe.
Wir GRÜNE sind über das Ausmass und die Tragweite der festgestellten systematischen Verfehlungen erschüttert. Zutiefst bedauern wir das Leiden, das den Betroffenen durch dieses Versagen in der Dübendorfer Sozialhilfe zugefügt wurde. Die Betroffenen haben eine Entschuldigung verdient.
Zur Behebung der Missstände formuliert die Spezialkommmission nicht weniger als 40 Empfehlungen zuhanden der Exekutivbehörden. Im Bereich der Sozialhilfe ist eine Professionalisierung unabdingbar. Wir GRÜNE fordern mit Nachdruck, dass die beiden Aufsichtsbehörden Bezirksrat und Regierungsrat die Umsetzung dieser Empfehlungen begleiten und kontrollieren.
Die Dübendorfer Sozialhilfe hat Sozialarbeitende, kirchliche Kreise sowie GRÜNE, SP und EVP vor Ort über viele Jahre beschäftigt. Viele Missstände waren seit langem bekannt. Die politische Mehrheit in Dübendorf, allen voran die SVP, wollte diesen Stimmen kein Gehör schenken. Denn es waren ihr Stadtrat und ihre Stadträtin, die der Abteilung Soziales und damit auch der Sozialbehörde seit 2002 vorstanden. Es ist die SVP, die den Druck auf Sozialhilfebeziehende permanent zu erhöhen versucht. Es ist die SVP, welche den Mythos des individuellen Verschuldens von Armut pflegt, auch wenn in unserem Land in Tat und Wahrheit die soziale Herkunft, vererbte Privilegien, Glück und Schicksal den individuellen Erfolg bestimmen. Und nicht zuletzt ist es auch die SVP, die ihre Ausländerfeindlichkeit auf dem Buckel von Sozialhilfebeziehenden austrägt.
Im Kantonsrat haben wir GRÜNE bereits 2017 und 2020 Anfragen zur Aufsicht über die Dübendorfer Sozialbehörde eingereicht. Heute werden wir eine dritte Anfrage einreichen. Denn wir sind überzeugt, aus dem Fall Dübendorf gilt es Lehren für die Aufsicht in der Sozialhilfe zu ziehen. Die grosse Gemeindeautonomie in unserem Kanton und unser Milizsystem dürfen keine Entschuldigung für derart systematische Verfehlungen in der Sozialhilfe sein. Sozialhilfebeziehende haben Anspruch auf einen würdevollen Umgang, Unterstützung und gesetzmässige Verfahren.