Fraktionserklärung der Grünen Fraktion anlässlich der Klimadebatte im Gemeinderat Stadt Zürich vom 25.9.2019.

Der Klimawandel ist die wohl grösste Herausforderung, welche die Menschheit je zu bewältigen hatte. Schon der Bericht der Brundlandt-Kommission der UNO hielt 1987 fest, dass dieselben menschlichen Tätigkeiten, die uns einen gewissen Wohlstand und die so genannte Entwicklung ermöglicht haben, gleichzeitig die Vernichtung der Lebensgrundlagen der Menschen bewirken. So ergibt sich, oberflächlich gesehen, ein Zielkonflikt: Entweder wir reduzieren diesen so genannten Wohlstand oder wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen.

Wo wir Grünen in diesem Konflikt stehen, wissen alle. Wir sind weiterhin und mehr denn je davon überzeugt, dass es einen dritten Weg gibt. Und wir sind die einzige Partei, die einen solchen Weg konsequent gehen will, weil wir uns nicht davor scheuen, die wirtschaftlichen Strukturen wie auch unser Konsumverhalten, die zu dieser absehbaren Katastrophe führen, in Frage zu stellen und jegliche Pflästerli- und End-of-pipe-Politik abzulehnen. Darin besteht der berühmte System Change, den die Strasse momentan von der Politik einfordert.

Die Forderung nach einem System Change ist kaum revolutionär. Sie wird auch vom Bundesrat anerkannt. Im Umweltbericht 2018 lesen wir: «Die Europäische Umweltagentur (EUA) kommt nach einer umfassenden Analyse von Umweltindikatoren und unter Berücksichtigung der Fortschritte bei den politischen Zielen zum Schluss, dass wahrscheinlich weder Umweltmassnahmen allein noch wirtschafts- oder technologiebedingte Effizienzverbesserungen ausreichend sein werden, um die Ziele der Europäischen Union (EU) für das Jahr 2050 zu verwirklichen. Stattdessen seien grundlegende Veränderungen der Produktions- und Verbrauchssysteme nötig.»

Den Dynamiken, die zum heutigen Zustand geführt haben, kann sich niemand entziehen. Jede faule Ausrede, wie etwa, die Schweiz oder die Stadt Zürich seien doch so klein und unbedeutend, versagen vor der Realität. Es gilt das genaue Gegenteil: Nur wir, die wir dank der Ausbeutung von Natur und Mensch einen gewaltigen materiellen Wohlstand entwickelt haben, haben auch die Ressourcen, um die notwendigen Innovationen voranzutreiben und zu erproben – das ist der technokratische Ansatz – und nur wir, die wir unter Verschwendung und Wohlstandsverwahrlosung mehr leiden als unter dem Gegenteil, haben überhaupt den Spielraum, um einen anderen Lebensstil einzuführen. Wer 300 Kilogramm Nahrungsmittel pro Kopf und Jahr einfach wegwirft, wer Hunderttausende von Tieren umbringt, ohne sie danach zu essen, wer 700 Kilo Abfall pro Kopf und Jahr verbrennt, obschon es sich dabei um wertvolle Rohstoffe handelt, der hat nun wirklich nicht das Recht, über Suffizienzforderungen zu jammern und den dringend notwendigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft abzulehnen.

Es gib keine Alternative zur Bekämpfung des Klimawandels. Es gibt auch keine günstigere Lösung als die Bekämpfung der Klimakatastrophe, denn der bisherige Weg ist x-mal teurer. Und es gibt keine Alternative zu einem Systemwechsel, wie tiefgreifend er letztlich auch sein mag, wenn das bisherige System sich als zu starr, unflexibel und verkrustet erweist. Der unternehmerische Geist der Zerstörung richtet sich nun gegen seine Urheber: ‘Macht kaputt, was uns kaputt macht’ gilt mehr denn je.

So etwa lässt sich das Umfeld der heutigen Debatte beschreiben. Selbstverständlich gilt es heute, nicht nur grosse Sprüche zu klopfen, sondern konkrete, schnelle, effektive und effiziente Taten zu beschliessen. Die grüne Fraktion wird sich daher, ganz im Sinne des Gesagten, gegen jede Pflästerliaktion und gegen jede Nebelpetarde wenden, die uns vom allein wichtigen Ziel ablenken soll: Netto Null bis 2030. Es wurde genug geschnorrt und genügend oft abgelenkt. Nun gilt es, vorwärts zu machen und die Probleme radikal anzugehen. Wir freuen uns über alle, die uns dabei helfen.