Fraktionserklärung der GRÜNEN und der SP       

Fraktionserklärung der GRÜNEN und der SP                                

 

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine macht sichtbar, wie abhängig viele Gebiete auf dieser Welt von Rohstoffen aus Russland, aber auch aus der Ukraine sind. Dazu gehören vor allem auch Grundnahrungsmittel, insbesondere Getreide. Es ist zu befürchten, dass in der Ukraine grosse Teile der Aussaat und die Ernten ausfallen. Dies wird sich auf die Getreidepreise auswirken: Für Länder, die finanziell schlecht gebettet und vom Import abhängig sind, drohen Lebensmittelknappheit und Hungersnöte.

 

Was der Schweizer Bauernverband jetzt unter dem Stichwort «Anbauschlacht» vorschlägt, ist jedoch in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz nur zynisch. Es geht dem SBV gar nicht um die Selbstversorgung, sondern nur darum, die ökologischen Ausgleichsflächen umzupflügen. Die Öko-Flächen betragen gerade mal 1.2% des Ackerfläche, hingegen wird auf sage und schreibe 43% der Ackerflächen Tierfutter angebaut.

 

Geschätzte Damen und Herren, wenn der Selbstversorgungsgrad erhöht werden sollte, muss statt Futtermais mehr Getreide, Kartoffeln und Gemüse für den menschlichen Konsum auf den Äckern wachsen. Das wusste im zweiten Weltkrieg schon Friedrich Wahlen, der Vater der berühmten Anbauschlacht, auf den sich Bauernverband und SVP nun fälschlicherweise berufen. Wahlen wollte den Viehbestand auf das Angebot der inländischen Rauhfutterproduktion reduzieren, so dass jeder ackerbare Quadratmeter mit Kartoffeln oder Getreide bebaut werden konnte. Heisst: Der Konsum an tierischen Kalorien wurde dramatisch gesenkt! Doch diese historische Tatsache blendet der Bauernverband tunlichst aus.

 

Stattdessen fordert der SBV einseitig eine Intensivierung der inländischen Produktion. Das aber setzt noch grössere Importe von Mineraldünger, Pestiziden und Futtermitteln voraus. Gegenwärtig liegt der Selbstversorgungsgrad bei 57 Prozent, doch dafür werden jetzt schon 1,2 Mio. Tonnen Futtermittel und ca. 50’000 Tonnen Stickstoff-Dünger importiert. Das Problem ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales: Im Ausland werden dadurch wertvolle Ackerflächen für die Schweizer Mastbetriebe bestellt, statt für die Nahrungsmittelversorgung vor Ort. Und nicht genug: damit unsere Rinder und Schweine mit dem Brot der Menschen in ärmeren Ländern gefüttert werden können, wird der Futtermittel-Import auch noch mit Zollbegünstigungen gefördert.

Solange wir es uns leisten, das Brot vom Abend zuvor in den Container zu werfen, solange wir Jahr für Jahr 2.8 Mio Tonnen Foodwaste produzieren, sind Sorgen über einen leeren Teller höchstens partei- und standespolitisch motiviert. Es ist nicht mehr zu verantworten, einen derart hohen Anteil an Fleischproduktion in unserer Landwirtschaft zu subventionieren.

 

Der Kanton Zürich steht bezüglich der landwirtschaftlich genutzten Fläche mit 73’000 ha an fünfter Stelle der Schweiz. Statt die Produktion von Futtermitteln muss die Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln gefördert werden. Das wäre ein echter und nachhaltiger Beitrag an die Selbstversorgung. Die Forderung des Bauernverbandes dagegen ist nicht andere als ein Schildbürgerstreich.